Radiosynoviorthese (RSO)
Indikation allgemein
Chronische Synovialitis
Indikation speziell
Rheumatoide Arthritis, seronegative Spondylarthropathie, entzündlich aktivierte Arthrose, Kristallarthropathie, pigmentierte villoduläre Synovialitis, Arthropathie bei Hämophilie, persistierender Reizzustand nach Synovektomie oder Prothesenimplantation.
Allgemein
Der Fachausdruck Radiosynoviorthese ist hergeleitet von den griechischen Wörtern Synovia und Orthese, was wörtlich übersetzt die Wiederherstellung der Gelenkinnenhaut durch lokale radioaktive Strahlung bedeutet.
Tatsächlich wird der ursprüngliche Zustand nicht erreicht. Beim Einsatz eines sogenannten Betastrahlers mit einer nur geringen Reichweite von wenigen Millimetern kommt es zu einer Verödung der entzündlich veränderten Gelenkinnenhaut sowie einer Reduktion oder Vermeidung von Ergussbildung mit entsprechender Abnahme von Schmerzen und Zunahme der Bewegungsfreiheit.
Dabei bleibt die Bestrahlung überwiegend auf die Synovialis beschränkt, da die Eindringtiefe der Betastrahlung nur wenige Millimeter beträgt. Das in kolloidaler Form applizierte Radionuklid wird von den oberflächlichen Synovialzellen phagozytiert. Mit der Fibrosierung und Sklerosierung ist ein Rückgang der Proliferation und Entzündung der Gelenkinnenhaut verbunden. Das langfristige Ziel ist, das Fortschreiten des gelenkzerstörenden Prozesses aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen.
Vor der Behandlung
Die gezielte Überweisung durch den Rhematologen oder Orthopäden enthebt den Nuklearmediziner nicht einer sorgfältigen Indikationsprüfung. Zwei Untersuchungen stehen hier im Vordergrund. Mit der Gelenkszintigraphie kann eine Synovialitis leicht objektivieren. Die Arthrosonographie ermöglicht einen umfassenden Überblick über Erguss, Briden, Zotten sowie periartikuläre Strukturen.Insbesondere vor der Behandlung eines Kniegelenkes ist die Sonographie unumgänglich um eine Baker-Zyste mit Ventilmechanismus sicher zu erkennen und gegebenenfalls zu punktieren.
Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollte der Radiosynoviorthese möglichst eine sechsmonatige konservative Therapie vorausgehen. In der Regel kommt eine Radiosynoviorthese dann in Betracht, wenn trotz laufender Basistherapie einzelne Gelenke therapierefraktär ihre entzündliche Aktivität beibehalten.
Behandlungsablauf
Nach Desinfektion der Injektionsstelle wird das zu behandelnde Gelenk mit einer dünnen Nadel steril punktiert. Unter Röntgendurchleuchtung wird mit Hilfe von Kontrastmittel sichergestellt, dass die Nadelspitze richtig im Gelenk positioniert ist. Danach wird Cortison und anschliessend das radioaktive Medikament ins Gelenk appliziert. Nach der Behandlung wird eine Verteilungsszintigraphie zur Dokumentation der Behandlung aufgenommen. Im Anschluss an die Behandlung wird das behandelte Gelenk für 48 Stunden ruhig gestellt.
Radiopharmaka
Radionuklid |
Halbwertszeit (Tage) |
Reichweite (mm) |
Zerfallsart |
Gelenke |
---|---|---|---|---|
90-Yttrium (Zitrat / Silikat) |
2,4 |
11,0 |
beta |
Knie |
186-Rhenium |
3,7 |
3,6 |
beta, gamma |
Hüfte, Schulter, Knie, Hand |
169-Erbium (Zitrat) |
9,5 |
1,0 |
beta |
Kleine Finger- oder Fussgelenke |
Nachbetreuung
Nach der Behandlung muss das Gelenk für mind. 48 Stunden ruhig gestellt werden (z.B. durch Bettruhe, durch Schienen oder Bandagen). Bei Behandlungen der Hüfte, Knie und Sprunggelenke ist hierzu in der Regel ein kurzer stationärer Aufenthalt sinnvoll. Im Einzelfall kann die Ruhigstellung ggf. durch eine häusliche Betreuung sichergestellt werden. Behandlungen der oberen Extremitäten können in der Regel ambulant durchgeführt werden.
Sollten innerhalb von zwei Tagen nach der Behandlung Schmerzen auftreten, sollte sich der Patient mit uns in Verbindung setzen (Tel. 031 632 24 54).
Es kann bis zu 3 Monate dauern, bis die volle Wirkung der Behandlung erzielt wird. Erst danach kann der Erfolg der Behandlung abgeschätzt werden.
Wegen der extrem kurzen Reichweite der radioaktiven Strahlung ist gegenüber Dritten keine besondere Schutzmassnahme erforderlich.
Dauer der Wirkung
Der Therapie-Effekt kann bis zu mehreren Jahren anhalten, im Mittel zwei Jahre. Es ist möglich, die Behandlung mehrfach zu wiederholen.
Nebenwirkungen, Komplikationen
Strahlenexposition, Folgeschäden und Nebenwirkungen sind ausgesprochen selten. Komplikationen wie Gewebenekrosen wurden bei (von) uns bisher nicht beobachtet. Bei einem ausführlichen Aufklärungsgespräch wird der Patient über mögliche Folgen informiert.
Gelegentlich kann es zu Schmerzen, Hitzegefühl und andere unangenehme Empfindungen kommen. Vorübergehend kann eine entzündliche Begleitreaktion entstehen mit kurzfristiger Verstärkung auf der Schwellung. Wie bei anderen Gelenkpunktionen kann es selten einmal zu einem Bluterguss an der Einstichstelle und sehr selten zu Weichteil-, Bänder-, Kapsel-, Knorpel- oder Nervenverletzungen kommen, welche einer Behandlung bedürfen.
Ebenfalls sehr seltene Infektionen an der Einstichstelle und am darunter liegenden Gewebe lassen sich in aller Regel gut beherrschen. Infolge Allergie und Unverträglichkeit (z.B. auf das Desinfektionsmittel oder Röntgenkontrastmittel) kann es vorübergehend zu schwachen Reaktionen (Juckreiz oder Hautausschlag, Niesen) kommen.
Schwerwiegende Komplikationen mit Beeinträchtigung lebenswichtiger Funktionen (Herz, Kreislauf oder Atmung) und bleibende Schäden sind extrem selten. Extrem selten kann es bei nicht exakt intraartikulärer Injektion des Radiopharmakons zur periartikulären Nekrose kommen mit Gewebeschädigungen, die mit einer Wundheilungsstörung einhergehen können und unter Umständen einen operativen Folgeeingriff notwendig machen können.
Ein gleiches Resultat wäre auch durch Zurückfliessen der eingebrachten Substanzen in den Stichkanal möglich. Aus diesen Gründen erfolgt die vorbeugende Ruhigstellung des behandelten Gelenkes.
Die für die Behandlung verwendete Betastrahlung weist im Gewebe nur eine begrenzte Reichweite auf. Eine systemische Strahlenexposition des Ganzkörpers findet daher nur unwesentlich statt. Eine gewisse Strahlenexposition der lokoregionären Lymphknoten ist möglich und auch daher ist eine Ruhigstellung des Gelenkes erforderlich, um den Lymphabstrom zu minimieren.