Radiopeptidtherapie bei neuroendokrinen Tumoren
Information zur Behandlung
Hintergrund - Neuroendokrine Tumoren (NET)
Neuroendokrine Tumoren (NET) sind seltene Tumore, die am häufigsten im Magen, Darm oder in der Bauchspeicheldrüse auftreten. Zu den NET gehören auch die Karzinoide, Gastrinome und Insulinome. Die hochdifferenzierten NET sind in der Regel langsam wachsend und bleiben auch dadurch viele Jahre unentdeckt. Jedoch kommt es häufig mit zunehmender Krankheitsdauer zum Auftreten von Beschwerden. Die häufigsten Symptome der NET sind Flush (Rötung der Haut vor allem im Gesicht und Oberkörper), Bauchschmerzen und Diarrhoe. Bei NET des gastrointestinal-pankreatischen Systems (sog. GEP-NET) kommt es in fortgeschrittenen Stadien auch sehr häufig zu Lebermetastasen, die weitere Symptome nach sich zieht.
Was ist die Somatostatinrezeptor-Radioliganden-Therapie?
Die NET besitzen sehr häufig Rezeptoren für das Hormon Somatostatin an ihrer Zelloberfläche (sog. SSTR). DOTATOC bzw. DOTATATE sind dem Somatostatin ähnliche Substanzen (Somatostatinanaloga), die an den Somatostatinrezeptoren binden. Im Rahmen der Radiopeptidtherapie werden diese Substanzen mit therapeutisch wirksamen, radioaktiven Metall Lutetium-177 (177Lu) markiert. Die radioaktiv markierten Somatostatinanaloga (177Lu-DOTATOC oder 177Lu-DOTATATE) werden intravenös verabreicht und erreichen die Rezeptoren an den NET-Zellen, und bestahlen die NET-Herde lokal. Ziel der Therapie ist die Verzögerung der Tumor- bzw. Metastasen-Progression, wobei auch ein Rückgang der krankheitsbedingten Symptome und Beschwerden möglich sind.
Kandidaten für die Therapie sind Patienten mit inoperablen, fortschreitenden, metastasierten NET trotz operativer und/oder medikamentöser Behandlung. Um die bestmögliche Therapie zu definieren, werden die individuellen Patientenfälle im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Tumorboard) mit Internisten, Chirurgen, Radiologen, Pathologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmediziner besprochen.
Vorbereitung der Somatostatinrezeptor-Radioliganden-Therapie
Voraussetzung für die Durchführung einer Radioliganden-Therapie Radiopeptidtherapie ist der Nachweis einer ausreichenden Expression der Somatostatin-Rezeptoren auf den NET-Zellen. Dies wird durch die Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit 68Ga-DOTATOC oder 68Ga-DOTATATE festgestellt. Bei Patienten, die unter einer Sandostatin-Therapie stehen, sollte dieses Medikament einige Wochen vor der Radioliganden-Therapie abgesetzt werden, um eine Besetzung der Somatostatin-Rezeptorstellen mit Sandostatin zu vermeiden und die Therapiewirkung zu steigern. Da die Radioliganden-Therapie eine potentiell niereneinschränkende Wirkung hat, ist die vortherapeutische Untersuchung der Nierenfunktion mittels „Nierenszintigraphie“ erforderlich.
Ablauf der Somatostatinrezeptor-Radioliganden-Therapie
Einen Tag vor der geplanten Therapie werden die Patienten auf der Station der Nuklearmedizin aufgenommen. Um Nebenwirkungen zu reduzieren, werden am Therapietag vor der Therapie Medikamente gegen Übelkeit, ein Magensäurehemmer sowie eine Infusionslösung zum Nierenschutz verabreicht. Die Radioliganden-Therapie wird intravenös über ca. 20 Minuten verabreicht. 1-2 Liter einer Kochsalzlösung werden dazu infundiert. Am Tag nach der Therapie wird eine szintigraphische Darstellung der Verteilung der therapeutischen Substanz im Körper durchgeführt. Der stationäre Aufenthalt dauert in der Regel 4 Tage. Die Radioliganden-Therapie erfolgt in der Regel vier Mal mit Abständen von jeweils 2-3 Monaten zwischen den Zyklen.
Nebenwirkungen
Im Allgemeinen vertragen die Patienten die Therapie sehr gut und ohne Beschwerden. Zu den seltenen, möglichen akuten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Flush-Symptomatik und abdominelle Beschwerden, die in der Regel medikamentös einfach zu behandeln sind. Mittelfristig können Blutbildveränderungen (Anämie, Leukopenie, Thrombopenie) sowie Leber- oder Nierenfunktionsbeeinträchtigungen auftreten. Deshalb sollte im Anschluss an die Radioliganden-Therapie alle 2 Wochen (zumeist beim Hausarzt) eine Kontrolle des Blutbilds sowie der Leber- und Nierenfunktion erfolgen.